ANTONIA BISIG
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 LandschaftsStudien I 

Sonnenuntergang von Zug aus gesehen (bei Minusgraden aquarelliert), 31. Januar 2005
18 x 24 cm, Aquarell auf Bütten
Sonnenuntergang am Zugersee (bei Minusgraden aquarelliert), 20. Februar 2005
17 x 24 cm Aquarell auf Bütten
Ried zwischen Zug und Cham mit Blick auf den Zugerberg, 15. März 2005
18 x 25,5 cm Aquarell auf Bütten
Sonnenuntergang am Zugersee (bei Minusgraden aquarelliert), 20. Februar 2005
17 x 24 cm Aquarell auf Bütten
Rigi von Zug aus gesehen (bei Minusgraden aquarelliert), 16. März 2005
18 x 25,5 cm Aquarell auf Bütten
Blick von Zug aus auf Chiemen, Rooter Berg, Pilatus und Berner Alpen, 16. März 2005
18 x 25,5 cm Aquarell auf Bütten
Acker bei Chollermühle, 21. März 2005
18 x 25,5 cm Aquarell auf Bütten
Rigi von Zug aus gesehen, 24. März 2005
21 x 30,5 cm, Aquarell auf Bütten
Blick vom Zuger Berg aus auf Lindenberg und Pilatus bei Regen, 28. April 2005
24 x 32 cm, Aquarell auf Bütten
Rigi von Zug aus gesehen, 30. April 2005
24 x 32 cm, Aquarell auf Bütten
Rooter Berg, Alpenkranz mit Eiger, Jungfrau, Mönch von Zug aus gesehen, 2. Mai 2005
24 x 32 cm, Aquarell auf Bütten
Rigi mit Iten-Wiese in Zug, 1. Juni 2005
24 x 32 cm, Aquarell auf Bütten
Pilatus von Oberwil bei Zug aus gesehen, 13. Juni 2005
24 x 32 cm, Aquarell auf Bütten

Aus einem Brief an den Stiftungsrat der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr, CH-6300 Zug


Berlin, 07.07.2005


Sehr geehrte Damen und Herren vom Stiftungsrat der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr


In meine Wahlheimat Berlin zurückgekehrt, lasse ich meinen Stipendienaufenthalt in Zug Revue passieren.

Im Interview mit Herrn Dr. Kobelt, Redakteur der Zuger Presse, (siehe Artikel Zuger Presse vom 29.06.05) und in der Eröffnungsrede zur Präsentation meiner Arbeiten anlässlich des Open Ateliers (7) habe ich versucht, den Reichtum meines Stipendienaufenthaltes in Zug zu dokumentieren, zu reflektieren und zu würdigen.

Mit großem Genuss verbrachte ich die meiste Zeit draußen in der Natur, um meinem beantragten Arbeitsprojekt entsprechend Landschaftsstudien um den Zugersee zu betreiben.
Worum es mir dabei genau ging, welche Erfahrungen, Kenntnisse und Erkenntnisse ich gemacht habe, entnehmen Sie bitte dem beiliegenden Text: "Aus einem Brief ... an meine Freunde und FreundInnen in Berlin..." sowie aus dem Artikel von Mari Serrano in der Zuger Presse vom 21. März 2005.

Ich begreife mich als Lernende, als Forschende und als bewusstes Gegenüber mit dem Interesse, Beziehungen aufzunehmen und weniger als "Künstlerin mit eingreifendem Gestaltungswillen", schon gar nicht im Verhältnis zur Natur.
So hat sich mit den Studien in der Landschaft meine Wahrnehmungsfähigkeit außerordentlich erweitert, insbesondere in bezug auf die Naturerscheinungen. Desgleichen entwickelte sich mein handwerklich-künstlerisches Können durch die intensive Beschäftigung mit dem Anliegen, meine Beobachtungen in der Zuger Landschaft malerisch und zeichnerisch möglichst authentisch umzusetzen. Insbesondere zeigte sich der schwierige Umgang mit Farbe und Licht in der Natur als willkommene Herausforderung. Zu meiner eigenen Überraschung ergaben sich bei meinen akribischen Studien, welche ich bei nahezu jeder Witterung durchführte, sozusagen Bildfindungen im sowohl abstrakten als auch konkreten Formenbereich, beeinflusst durch die Bedingungen der jeweiligen Wetterlage. Die Natur schrieb sich in meine Studien mit ein; Temperaturen, Wind, Niederschläge, Luftfeuchtigkeit und Sonnenbestrahlung sorgten für subtile Strukturbildungen auf meinen Blättern.

Eine gründliche Aufarbeitung meiner rund 150 Landschaftsstudien - Aquarelle, Bleistift- und Farbstiftzeichnungen - braucht ihre Zeit. Ich wünsche, dass sie sich in der Ausstellung in der Galerie BILLING BILD in Baar vom 03.12.2005 - 09.01.2006 eröffnen wird.

Ausdrücklich möchte ich die Begegnung mit den Schwestern des Klosters Maria Opferung (welches die Stipendiatenwohnungen und Ateliers beherbergt) würdigen. Durch ihre Leichtigkeit, Freundlichkeit, Offenheit, ihre Kultur und nicht zuletzt ihren Humor vermitteln die Ordensfrauen eine Atmosphäre von Respekt, Interesse und Geborgenheit.

Spontan stellte mir das Kloster einen Raum für mein Bewegungs- und Tanztraining zur Verfügung mit dem Wunsch einer tänzerischen Darbietung zum Abschied.
So entstand eine Tanz-Performance, in der ich versucht habe, gewonnene Eindrücke, innere Bilder und körperliche Erfahrungen, welche ich während meiner Landschafts-Studien gesammelt habe, in Bewegungssequenzen umzusetzen. Die Reaktionen der Schwestern auf meine Performance mit dem Titel "aus der Stille" haben mich sehr berührt.

Meine Genuss und Erkenntnis reichen Studien werde ich in den Landschaften um Berlin, an der Mecklenburgischen Seenplatte und an meiner geliebten Ostsee weiterführen.

Für Ihr Interesse und Ihre Anerkennung möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Ich ahne, dass diese beglückende und stärkende Erfahrung weit über die Zeit des Stipendienaufenthaltes hinaus wirken wird.

Alles Gute und Erfolg für die Stiftung wünscht Ihnen

Antonia Bisig





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aus einem Brief vom Februar 2005 mit Einfügungen von Anfang Juni 2005 während meines Stipendienaufenthaltes im ersten Halbjahr 2005 in Zug/Schweiz an meine Freunde und Freundinnen in Berlin.
Ermöglicht wurde das Stipendium von der Zuger Kulturstiftung Landis & Gyr.



Zug, 8. Februar 2005

...

Natürlich habe ich mich schon in dieser Anfangsphase so oft wie möglich draußen aufgehalten, an meinen Lieblingsstellen, auf meinen Lieblingswegen am Zugersee, habe geschaut, gemalt, fotografiert.
Die Landschaft und vor allem das Licht hier sind wunderschön. In meinen Augen ein Naturwunder. So intensiv habe ich diese geschenkte Pracht kaum erlebt. Es gibt Augenblicke, in denen ich völlig überwältigt bin im wahrsten Sinne des Wortes. Jetzt habe ich Zeit, mich dieser Seelandschaft, in der ich aufgewachsen bin - sie bildet einen Übergang vom Mittelland zu den Alpen - zu widmen.

Als ich mit dem Malen draußen begonnen habe - wobei mir die Aquarellfarbe ab und an schon mal unter dem Pinsel zu Eis kristallisiert - dachte ich, dass ich mit meinen paar Farben keine Chance habe, etwas von dieser Schönheit malerisch aufzunehmen bzw. wiederzugeben. Oft, noch eh ich eine Ahnung davon bekomme, was sich grade vor meinen Augen abspielt, hat sich alles verwandelt. Dann habe ich begriffen: Zeit brauche ich zum Schauen und Betrachten, zum körperlichen Er-Leben überhaupt, mich einzulassen, zum Genießen. Auch spreche ich mit der Landschaft - und Ihr werdet es nicht für möglich halten (oder doch?!) - sie antwortet, macht ihre Witze und spielt mit mir. Und ich spiele mit. Bei aller Ernsthaftigkeit, ohne Flirten sozusagen läuft nichts. Flirten als Arbeitsweise. So einfach ist das und so vergnüglich.
Meine Arbeit ist ein Zwiegespräch mit Landschaft, Licht, dem See, dem Wetter, den Temperaturen, der Sonne, den Wolken, den Luftbewegungen, dem Himmel, den Tieren und der Vegetation.

Einfügung Anfang Juni 2005

Mit der Zeit, mit zunehmender Erfahrung dieser Art der Aneignung entwickelte sich mein Verhältnis zum Studium der Landschaft mit Mitteln der Malerei und Zeichnung. Das Spielerische trat in den Hintergrund. Mein Interesse galt einer größt möglichen Genauigkeit beim der Erfassen von Raumdimensionen, Lichtstimmungen und Farbnuancen, der Beschäftigung mit Strukturen und Oberflächen. Nicht zuletzt ging es mir um die Wiedererkennbarkeit von bestimmten Orten bzw. Topographien. Meine Beziehung zu meinem Forschungs-Gegenüber wurde ernsthafter und ehrgeiziger. Unbedingt wollte ich z.B. die von Zug aus bei klarer Sicht erkennbaren Alpenkette so wiedergeben, dass die einzelnen Bergmassive zu identifizieren sind. Auch interessierte mich die berührende Zartheit, mit der an manchen Tagen der Rooter Berg in Erscheinung tritt. Auf diese Arbeitsphasen, welche mit der Wahrnehmung von zunehmender Vertrautheit einher gingen, folgte eine wohltuende Lockerheit beim Malen und Zeichnen.
Jetzt, kurz vor Ende des Stipendienaufenthaltes mischen sich in meine Arbeit Wehmut und Abschiedsgefühle. Ich erlebe die kostbaren Stunden, die ich ungestört in und mit meiner geliebten Landschaft um den Zugersee verbringen kann um so intensiver. Heute, am 4.Juni, wählte ich zum erstenmal eine Sicht, die über den Zugersee hinaus auf den Vierwaldstättersee und in die Ferne geht. Ein Abschiedsblick?

Fortsetzung: aus dem Brief vom 8. Februar 2005

Bei diesem Projekt geht es um Studien, um malerische und zeichnerische Notizen meiner Beobachtungen der ständigen Veränderungen, Verwandlungen, Bewegungen, welche in der Natur unentwegt vor sich gehen. Dabei hinterlassen Witterung und Temperaturen Spuren auf meinen Blättern. Bildnerische Studien entstehen in und mit der Natur.

Wenn ich meine Landschafts-Studien betreibe, erlebe ich mich ganz bei mir und zugleich ganz konzentriert auf die Erscheinungen der Natur. Oft werde ich beim Abschließen der Beobachtungsnotizen gewahr, dass ich mich tief in das Gesehene versenkt, dort mich bewegt habe und bewegen ließ. Ich nehme wahr, wie das Gesehene, Geschaute, Erkannte ein Teil von mir geworden ist. Ein Gleichklang zwischen mir und der Landschaft, dem Licht, dem Wetter ergibt sich. Dabei erlebe ich meinen Körper kraftvoll und zugleich verletzbar und offen. Nach einem Arbeitstag draußen fühle ich mich klar und reich. In meinem Körper spüre ich das Echo der geschauten Hügelzüge und Gebirgsketten, der Gesteinskörper, der Vegetation, der Lichtstimmungen, der Wolken, der Wässer. Die Temperaturen spüre ich in meinem Blutkreislauf und in meiner Haut.

Einfügung Anfang Juni 2005:

Ich habe gelernt, mich selbst als Teil der Landschaft, der Natur zu begreifen. Und zugleich als ihr bewusstes Gegenüber. Ich erkenne, dass mein Werden und Vergehen Teil der Naturbewegungen sind, der subtilen, unendlich komplexen Strukturen, der Gesetzmäßigkeiten, der unentwegten Veränderungen in der Natur. Und ihrer Verletzbarkeit. Ich begreife mich selbst und dabei ausdrücklich meine Bewusstwerdung deutlich als Materie. So denke und erlebe ich mich als Teilgeberin und Teilhaberin meiner natürlichen Umwelt.

Antonia Bisig
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