ANTONIA BISIG
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 Deconstructing Rubens I 
Deconstructing Rubens nach Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt,
1612/1614, Peter Paul Rubens, 200 x 220 cm, Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm,
Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens, Detail
Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm, Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens, Detail
Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm, Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens, Detail
Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm, Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens, Detail
Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm, Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens, Detail
Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm, Gesamtformat 200 x 220 cm 2016/2017
Deconstructing Rubens

Seit 2015 plane und arbeite ich an der Umsetzung von drei großformatigen Arbeiten, orientiert an Gemälden des berühmten Barockmalers Peter Paul Rubens, der in formal ausgeklügelten Kunstwerken seiner Gegenwart den Spiegel vorhielt und eine ganz eigene Einschätzung entgegensetzte:

1 Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt, 1612/1614
2 Die Krönung des Tugendhelden (Der Triumph des Siegers), um 1613-14
3 Venus vor dem Spiegel, 1614/1615

Warum gerade Rubens?

Seit ich vor mehr als 30 Jahren das Gemälde Der Höllensturz der Verdammten in München gesehen habe, berühren mich Rubens Werke immer wieder auf eindringliche Weise. Die Komplexität der Werke, Bildkompositionen und Maltechnik bringen mich zum Staunen, Bildinhalte ziehen mich in ihren Bann, geben Rätsel auf, sind Anlass zum Nachforschen und Nachdenken. Mich fasziniert die Virtuosität der Malerei von Rubens und seiner Werkstatt, die Kunst, den Eindruck von saftig fleischlicher Sinnlichkeit zu schaffen, sehr großformatige Gemälde mit einer Vielzahl von Figuren in fast tänzerischer Bewegung, Bewegtheit zu komponieren sowie die opulente und zugleich feine Farbpalette der Bilder. Gleichzeitig sehe ich mich von den Themen des Meisters herausgefordert, der im Katholizismus der Barockzeit verankert war.

Die Auswahl der oben genannten Werke begründet sich aus dem Bezug zu Themen, welche für mein bisheriges künstlerisches Schaffen von zentraler Bedeutung sind: Akt, Portrait, Vanitas, Tanz (- Performance), Herrschaft und Unterwerfung, Krieg, Militär, Flucht, u.a.

Darüber hinaus regen mich die drei ausgewählten Werke von Rubens zu aktuellen Fragestellungen und Überlegungen an:
Wer bin ich? Wer bin ich in unserer Leistungsgesellschaft? Wer bin ich in Zeiten zunehmender Verunsicherung durch Krieg, Terror, Flucht? Wer bin ich in Zeiten globaler Umwälzungen? Wer bin ich in Zeiten umfassender Überwachung, der Umverteilung von Gütern und Möglichkeiten zugunsten einiger weniger auf Kosten der meisten?

Das Betrachten von Rubens Werken bereitet mir großes Vergnügen und steigert meine Lebensfreude. Mein Bedürfnis nach neuen, erweiterten Bildgestaltungen ist geweckt: Arbeit mit der Farbe, Arbeiten mit Darstellungen von Allegorien und Symbolen, Auseinandersetzung mit komplexen Bildkompositionen, plastisches und installatives Arbeiten u.a. Wird es über diese Gestaltungswelt möglich sein, den vielschichtigen Fragestellungen unserer Zeit durch die Bildende Kunst Ausdruck zu verleihen und zugleich der Ermutigung Raum zu geben, das Leben zu feiern?

Bei meinem Vorhaben reizt mich einerseits das Lernen von Rubens über die künstlerisch-tätige Aneignung der ausgewählten Werke. Andererseits konfrontiere ich die Bildinhalte mit meinem Verständnis von Welt und Menschenbild und entwickle dafür eigene Gestaltungsweisen und zeitgenössische Arbeitstechniken. Alle Werke werden im Originalformat umgesetzt.

Gedanken zur Umsetzung der drei oben genannten Werke und Bezüge zu meinen früheren Arbeiten

1 Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt,
1612/1614
ist übertragen in
Deconstructing Rubens I
in Aquarell auf Bütten, 64 Blätter, je 25 x 27 cm
zusammengefügt zum Originalformat nach Rubens von 200 x 220 cm, 2015 - 2017
Themen: Genussvoller Kontrollverlust, Pflichtvergessenheit versus Pflichtversessenheit, Infragestellung unserer angestrengten Leistungsorientierung, Begegnung mit Nymphen und Satyrn, die in die Welt vor der Zeit monotheistischer Religionen entführen und an archaische Sinnesgenüsse erinnern.
In der Übertragung von Ölmalerei in Aquarell im Format 1:1 - ein zugegebenermassen überaus waghalsiges Unternehmen - bin ich auch arbeitstechnisch mit der Frage nach Kontrolle und Kontrollverlust konfrontiert. Dies scheint sich auf Aussage und Ausdruck des Bildes auszuwirken. Gleichzeitig erforsche und entwickle ich die Welt der Malerei und Farbe und den Umgang damit weiter.

2 Der Triumph des Siegers um 1613-1614
ist übertragen in
Deconstructing Rubens II
Kohle und Kreide auf aufgerissene Zeitungsschichten
Originalformat nach Rubens 162 x 236 cm, 2017 - 2018
In Rubens Der Triumph des Siegers finde ich eine Anknüfung an meine "alten" Themen: Krieg, Militär, Herrschaft und Unterwerfung (siehe meine Werkreihen MENSCHEN BILDER KRIEG, 1995-1998, MENSCHEN BILDER SOLDATEN, 1999-2002, das Bildtableau korporation, 2003-2004, die Wandinstallation Go out - Fußnote 2 zum Thema Revolution, 2014, die Bildobjekte zum Thema Flucht aus nebenan - in nachbarschaft, 2016.)
Rubens legt - wie bei Der trunkene Herkules, von einer Nymphe und einem Satyrn geführt - das Angebot nahe mittels Allegorien zu arbeiten, für mich als Malerin des 20. und 21. Jahrhunderts eine anregende und erkenntnisreiche Erfahrung.

3 Venus vor dem Spiegel, 1614/1615
wird übertragen von
Deconstructing Rubens III
Ich kehre zurück zu den Anfängen meiner Themen der 1980er-Jahre: Akt, Selbstakt, Portrait, Selbstportrait, Vanitas, siehe KörperStudien und KopfStudien, 1984 - 1989. Bezüge gibt es in gewisser Weise auch zur Tanz-Performance Hommage á Hodler ...aus der Stille, 2005.
Das Bild Venus vor dem Spiegel übersetze ich in eine Installation: Ein lebensgroßer weiblicher Rückenakt ohne Kopf in Wachs, platziert auf einer Kiste vor einem zersägten Vertiko mit blindem Spiegel. Das Motiv der afrikanischen Dienerin wird als Bildtableau in Eitempera der Installation beigestellt. Es hat darin keinen festen Platz. Dafür einen Ort zu finden bleibt den Betrachtern und Betrachterinnen überlassen.

Antonia Bisig
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