ANTONIA BISIG
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 MENSCHEN BILDER SOLDATEN
US-Soldat im Golfkrieg, 2000, 120 x 160 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Junger russischer Soldat an einem Kontrollpunkt in Tschetschenien, 2000
130 x 183 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Detail aus: Junger russischer Soldat an einem Kontrollpunkt in Tschetschenien, 2000
130 x 183 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Drei gefangene US-Soldaten werden im serbischen Fernsehen präsentiert, 2000
130 x 267 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Detail aus: Drei gefangene US-Soldaten werden im serbischen Fernsehen präsentiert, 2000
130 x 267 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Deutscher Soldat im Kosovo, 2001, 170 x 269 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Detail aus: Deutscher Soldat im Kosovo, 2001, 170 x 269 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
Erschießung eines Deserteurs, 2000/2001, 285 x 422 cm, Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitung
outdoor-Präsentation von Bildern der Werk-Reihen MENSCHEN BILDER SOLDATEN und MENSCHEN BILDER KRIEG anläßlich der magistrale 2003 / Kulturnacht auf der Potsdamer Straße in Berlin-Mitte

Konzeption zur Werk-Reihe

MENSCHEN BILDER SOLDATEN

Die sieben großformatigen Bilder der Werk-Reihe MENSCHEN BILDER SOLDATEN entstand in Folge der Bild-Reihe MENSCHEN BILDER KRIEG

Bei dieser Arbeit geht es mir darum, Menschen als Täter und Opfer, als Kriegführende und Kriegsversehrte, Machende und Ausgelieferte zu zeigen. An Soldaten - insbesondere an jungen Soldaten - wird für mich der Widerspruch überaus schmerzhaft deutlich, in dem wir Menschen uns befinden: Einerseits leben und kreieren wir, andererseits bedrohen, zerstören und morden wir und halten uns damit selbst in Angst und Bedrohtheit, ob wir nun zu den Angreifern oder den Angegriffenen gehören.

Was machen diese Erfahrungen mit uns und unseren Kindern, wenn wir töten und vernichten oder aber kriegerische Gewalt am eigenen Leib erfahren oder mit Kriegsnachrichten konfrontiert sind und zuschauen, schweigen und verdrängen? Welche Bedeutung hat die Tatsche, dass jeder männliche Mensch seit wann? keine wirkliche Wahl hatte und hat, als Soldat möglicherweise zu töten oder getötet zu werden? Auch wenn Militärdienst verweigert werden kann, so sieht sich doch jeder Mann mit der Erwartung, Militärdienst zu leisten, konfrontiert und ist gezwungen, sich dazu zu verhalten. Was bedeutet diese Realität für das Menschenbild, für das Selbstbild von Männern und Frauen? Welche Auswirkungen haben diese Lebens- und Denkvoraussetzungen für die Gesellschaft, für das Zusammenleben, für zwischenmenschliche Beziehungen, für das Verhältnis zwischen den Generationen? Wie wirken sich diese Bedingungen aus auf das Leben von Kindern, auf das Familien- und Alltagsleben, auf Wirtschaft, Bildung, Kunst und Kultur, Religion und auf das Verhältnis zu Krankheit und Tod? Und wie sehen die Rückwirkungen aus?

Auslöser und Vor-Bilder für mein Projekt MENSCHEN BILDER SOLDATEN sind - wie bei meiner Bild-Reihe MENSCHEN BILDER KRIEG - Pressefotos von zumeist jungen Soldaten aus verschiedenen Kriegen zu verschiedenen Zeiten: Golfkrieg, Krieg in Tschetschenien, 2. Weltkrieg, Krieg auf dem Balkan u.a. Mein Interesse gilt den Gesichtern dieser zumeist jungen Männer. Ich frage mich, wie sich unmittelbare Kriegs- bzw. Kriegererfahrung als Bedroher und Bedrohter zugleich in den Gesichtern der Soldaten widerspiegelt. Dabei begegne ich Gesichtszügen, welche sich ähnlich sehen, aus denen schwere Angst spricht ebenso wie Trotz und Verbissenheit, Abwehr, Abwesenheit, Verzweiflung, Erschöpfung, Schwäche, in denen sich auch psychotisch anmutende Züge zeigen. Das Gesicht des Aufsehers im bosnischen Lager Omarska, Tadic, scheint unfassbar und ohne feste Struktur, und aus dem Gesicht bzw. der Körperhaltung eines Bundeswehrsoldaten im Kosovo lese ich Selbstidealisierung und Selbstüberschätzung.

Beim Anblick und Malen der Soldaten blieb mir nichts anderes übrig, als mich durch all meine eigenen Gefühls- und Gedankenstellungnahmen hindurch zu arbeiten, insbesondere durch einen sich immer wieder aufdrängenden Widerwillen. Der Prozess gestaltete sich unglaublich mühevoll, lag mir doch daran, Projektionen, Beschönigungen, Idealisierungen, Dramatisierungen als Folge meiner verständlichen Abwehrhaltung zu vermeiden. Je mehr es mir jedoch gelungen ist, mich den Dramen zuzuwenden, welchen ich über die Pressefotos begegnete, desto eher sah ich mich in der Lage, an den SOLDATEN BILDERN zu arbeiten. Mit fortschreitender Bildgestaltung fiel es mir leichter, die Zerstörung, welche sich in den Gesichtern bzw. Körpern der Soldaten spiegelt, anzunehmen.

Entstanden sind sieben großformatige Werke, gearbeitet mit Acryl, Kohle und Kreide auf Zeitungsschichten, aus der Wechselwirkung von Wahrnehmung, Abwehr, Wissen, Selbstbeobachtung, Erkenntnis und Bildgestaltungsprozessen.

Von großer Bedeutung dabei waren Gespräche mit AtelierbesucherInnen.

Was bleibt, ist ein Gefühl der Traurigkeit, eine erweiterte Wahrnehmungsfähigkeit und Nachdenken.

Antonia Bisig
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